MUTTERTAG IM ALTERSHEIM

Von Anna Henrich, geb. Depner aus Langenthal

 

 Guten Morgen, liebe Mutter, bist ja heut´ so frisch und munter.

Schau` ich bringe dir zu Ehren, frische Blumen, Kuchen, Beeren.

Ein paar Kleider - schön und neu - und ein Sekt ist auch dabei.

Leider muss ich auch bald gehen und ich weiß du wirst verstehen,

dass ich so viel Arbeit hab, bin den ganzen Tag auf Trapp.

Hier bist du gut aufgehoben, dieses Heim kann ich nur loben.

Hast ein Zimmer groß und schön, wohnst noch mit zwei Frauen drin.

Bist in ständiger Begleitung, kannst gut ruhen, liest die Zeitung.

Essen tut ihr all´ zusammen, kann man heut noch mehr verlangen?

„Ja mein Kind, ich kann`s verstehen, dass du willst schnell heimwärts gehen,

nächster Sonntag ist nicht weit, vielleicht hast du dann mehr Zeit.

Gerne möchte ich mal hier heraus, aus dem großen, fremden Haus.“

„Sonntag, oh, das tut mir leid, dieser Tag ist schon vergeben,

für ´ne Fahrt an schönen Bodensee, wir hoffen dort viel zu erleben.

Unser Auto ist sehr klein und wir fahren ja auch nicht allein,

deshalb ist kein Platz für Dich. In drei Wochen klappt es fein!“

„Also gut, habt euren Spaß, ich falle euch nicht gerne zu Last,

Ich dachte nur es wäre fein, bei euch zu Hause mal zu sein.

Wie früher, dort im Dorf daheim, dort war ja niemand so allein.

Da saß ich sonntags auf der Bank, fast jeder Mensch hat mich gekannt.

Die Leute grüßten, blieben stehen, wir konnten uns so gut verstehen.

Im Sommer bei dem schönen Wetter, da trafen sich die alten Rentner,

im Schatten einer alten Linde, von allem war man schön im Bilde,

was in dem Dorf noch so passiert und welches Kind hat konfirmiert,

welch´ Mädchen einen Freund schon hat und wen man neulich trug zu Grab.

Die Männer saßen da zu viert und versunken in dem Kartenspiel.

Die Jugend zündeten das Feuer, dort hinter unserer großen Scheuer

und aus dem kleinen weißen Mais, platzte das Popcorn, zart und heiß.

Ein großer Korb war voll im nu, die Männer brachten Wein dazu.

Das waren Zeiten, lieber Gott, warum mussten wir denn alle fort?“

„Oh, Mutter! Du kannst dich nur beklagen, von uns lässt du dir nichts mehr sagen,

diese Zeiten, sind vorbei, hier bist glücklich und recht frei.

Du bist nun hier bei alten Leut` mit diesen hast du auch viel Freud`.

Bei uns müsstest du alleine sein und unser Haus ist viel zu klein.

Die Kinder sind bald aus dem Haus, dann hast du wieder ein ZUHAUS.“

„Oh je, mein Kind, das wäre schön, noch ein paar Jahre zu überstehen,

doch leider bin ich viel zu alt, vielleicht verlasse ich euch bald.“

„Ach Mutter, sprich nicht so tristes Zeug, das macht uns allen keine Freud´,

du bist noch fit, kannst noch gut denken, sollst selber deine Schritte lenken.“

„Ja, ja das wäre sicher gut, doch leider fehlt mir selbst der Mut.

Dir meine Wünsche auszusprechen, das ist doch wirklich kein Verbrechen,

wenn man im Alter Heimweh hat, sich sehnt nach einer guten Tat

und möchte´ bei seinen Kindern sein, nicht hier im Altersheim allein.“

„Alleine bist du wirklich nicht, die Schwestern tun fleißig ihre Pflicht,

sie laden euch zum Kaffee ein, zum Kuchen, Bier und ein Glas Wein.

Mit allen Frauen, die du magst, feiert ihr froh, den Muttertag.

Die Kinder singen frohe Lieder, die Frühlingszeit kehrt immer wieder.

Ein Tänzchen bringen sie euch zu Ehren, zu Hause kann`s kaum schöner werden.“

„Schon gut mein Kind ich muss dir sagen, ich werde mich nie mehr beklagen,

dem Herrgott will ich dankbar sein, für diesen schönen Platz im Heim.

Geh du nur hin zu deinen Kindern, die werden dich bestimmt arg lieben.

Und wenn du alt bist so wie ich, dann tun sie auch nur ihre Pflicht.

Sie suchen dir einen Platz im Heim, dann bist so wie ich ALLEIN.“